Bettina Kresslein

Dr. Claudia Pohl

Kunsthistorikerin und Dozentin
an der Universität Karlsruhe (TH)

Man spürt die expressive Lust am Malen, die allenthalben
wie bei der Serie „Jazz“ das Motiv in Farbenorgien überführt,
so dass man bei der Sängerin Dee Dee Bridgew ater
nicht mehr weiß, wo ihr rotes Kleid aufhört oder ob hier
nicht eher der musikalische Klang in einen Farbklang
übertragen wurde.



Ohne den Synergieeffekt von Musik und Farbe überstrapazieren
zu wollen: wenn man diese Bilder der Serie „Jazz“
sieht, muss man das Konzert nicht erlebt haben, um etwas
von der Energie und Stimmung, von den Effekten dieses
Auftrittes spüren zu können. Und dies, obwohl das gemalte
Bild die Sängerin nie in ganzer Größe zeigt, sondern
ausschnitthaft, mal ist ein Oberschenkel hervorgehoben,
mal die roten High Heels, mal scheint sie bekleidet, mal
nackt.

Was sehen wir? Viel, kann man heute sagen, wir werden
mit Bildern ununterbrochen überflutet, mit medialen
Bildern, die auf den schnellen Konsum angelegt sind.
Auch die Bilder von Bettina Kresslein kann man auf Grund
ihrer Motivsprache schnell oberflächlich erfassen, sie sind
leicht lesbar in ihren intensiven Farben, wobei besonders
häufig Rottöne zum Einsatz kommen neben Gelb, Blau
und Grün. Gesteigert werden die Farbkontraste durch den
gekonnten Umgang mit den Nichtfarben, nämlich mit
Schwarz und mit Weiß. Hier fließt die Erfahrung der Künstlerin
mit der Zeichnung ein. Denn neben dem expressiven
Umgang mit der Farbe ist vor allem bei den szenischen
figurativen Bildern eine schwungvolle Linienführung
festzustellen. Bettina Kresslein ist eine gute Beobachterin,
sie geht nicht ohne ihren Skizzenblock aus dem Haus, sie
zeichnet überall, vor allem auf Reisen. Diese Bleistiftnotate
sind ihr Reservoir, fragmentarisch, aber genau, ausreichend
um Erlebtes abzurufen, in Malerei zu transformieren, zu
inszenieren und zu variieren.

Eine besondere Bedeutung kommt der Tatsache zu, dass
die Künstlerin in Serien arbeitet und die Bilderabfolge
nicht zufällig ist, wie Untertitel und Nummerierungen
zeigen, wobei die Serientitel hier als Sammelbegriffe
fungieren. Jedenfalls werden unter einem Oberthema
kleine Geschichten erzählt, verschiedene Perspektiven
gezeigt, keine lauten Ereignisse geschildert, sondern
Nuancen aufgespürt.